Berhailk der Hexer

5 - Wie Berhailk seine Hexerlehre beendete

Die Jahre gingen ins Land, Berhailk lernte artig die Hexerei bei Kaniark, und meistens waren die zwei alleine. War Kaniark allerdings fort, so kam flink Enval zu Besuch und versuchte, Berhailk zu allerlei Schabernack anzustiften; manchmal folgte Berhailk seinem Wunsch, immer öfter aber nicht, weil er der Strafen müde wurde, die er ja alleine einsteckte, denn Enval verschwand immer, bevor Kaniark von ihm wissen konnte.

Zweimal brachte Kaniark in den Jahren Mädchen von seinen Raubzügen mit nach Hause, und Berhailk sah hilflos mit an, wie er ihnen die Jugend aussaugte und sie schließlich als Greisinnen nach Hause schickte.

„Nun ist aber bald gut!“, brummelte er eines Sommerabends zu Enval, als Kaniark gerade im Wald unterwegs war, um Kräuter zu sammeln. „Er mag ja wirklich ein guter Hexer sein, und übers Essen kann ich auch nicht meckern, aber er ist und bleibt ein alter Mistkerl, soviel steht fest.“

„Na, dann hör mal endlich auf, hier bloß rumzumeckern, und mach was!“, meinte Enval und glitt halb durch die Stallwand hindurch, wobei er Berhailk neckisch zublinzelte. „Du musst nur etwas sagen, schließlich bin ich dein Freund.“

„Aber er ist mein Meister, und ich habe ihm die Treue geschworen.“

„Pah, hast du etwa Angst vor Göttern?“, Und so redete Enval lange auf ihn ein und behauptete, dass es die Götter ohnehin nicht wirklich gäbe und dass das alles nur Erfindungen alter Männer wie Kaniark seien, weil diese so billig junge Burschen als Helfer verpflichten konnten. „Der lässt dich doch schuften und ackern, anstatt sich einen Diener anzustellen, und sag mir nicht, der könnte sich keinen leisten – unter der Hütte ist eine Kammer voll Gold und Silber und Edelsteinen, und der Alte sitzt da drauf wie ein alter Drache.“

„Er plündert ja auch schon lange genug das Land aus“, antwortete Berhailk bitter.

„Siehst du? pass auf, ich habe einen Plan. Ich hole dir seinen Drachenknochen, du schaffst ihn uns vom Hals, dann nimmst du den Schatz, und wir machen uns ein schönes Leben.“

„Was willst du denn mit einem Schatz?“, grinste Berhailk. „Du kannst doch nicht essen oder Mädchen kaufen, du Gespenst. Aber mit Kaniark, da hast du schon recht, den Kerl bin ich wirklich satt. Ich bin jetzt über zwanzig, aber der behandelt mich immer noch wie einen kleinen Jungen. Wann habe ich denn endlich ausgelernt? Der lässt mich doch freiwillig nicht gehen, dann verliert er ja seinen Sklaven.“

„Richtig. pass auf“, sagte Enval, und dann heckten er und Berhailk einen Plan aus.

Und als Kaniark am Abend nach Hause kam und mit Berhailk am Tisch saß und Eintopf löffelte, da räusperte sich Berhailk.

„Hör mal, Meister.“

„Was ist?“

„Ich bin jetzt seit über fünf Jahren bei dir, bei jedem anderen hätte ich schon lange ausgelernt und wäre nicht mal mehr ein grüner Geselle.“

„Ich bin auch nicht jeder andere, und die Hexerei ist auch nicht wie jedes andere Handwerk“, grunzte Kaniark, ohne auch nur von seiner Schüssel aufzusehen.

„Nun gut, wie lange dauert es denn, bis ich ausgelernt habe?“

„Solange, wie es eben dauert. Bei einem schlechten Schüler wie dir wird’s noch ein Weilchen dauern.“

Das reichte Berhailk, denn er sah das als Bestätigung, dass Kaniark ihn niemals freigeben würde, denn er würde immer sagen, dass sein Lehrling noch nicht reif war für die Entlassung. Also trommelte er gereizt mit zwei Fingern auf dem Tisch, und das war für Enval das Zeichen, sich heimlich von hinten an den alten Hexer anzuschleichen und seinen Knochen vom Gürtel zu stehlen. Kaniark war müde vom langen Tag im Wald, und so bemerkte er zunächst nichts; aber er war auch ein mächtiger Hexer, und dass da ein Gespenst an seinem Drachenknochen herumfuhrwerkte, das merkte er nach einem Moment dann doch.

Und so hatte er plötzlich das Zauberding in der Hand und nicht Enval, denn der wich erschrocken zurück, wenigstens einen Schritt; dann nämlich warf Kaniark einen Bannkreis um ihn, so dass er bleiben musste, wo er war.

„Na, was haben wir denn hier?“, lachte Kaniark. „Einen kleinen gespenstischen Dieb?“

„Bestimmt jemand, den du auf dem Gewissen hast“, sagte Berhailk hastig, während er sich einen neuen Plan ausdachte.

„Mag sein, aber an diesen Burschen kann ich mich gar nicht erinnern. Sag schon, Gespenst, was willst du?“

Und während Kaniark so Enval verhöhnte und dieser ihn wutschnaubend anstarrte, trat Berhailk hinter seinen Meister, als ob er genauer zusehen wollte; doch als ein günstiger Moment gekommen war, ergriff er den Schemel des Hexers und schmetterte ihn über dessen Kopf, so dass er mit einem Ächzen zu Boden sank. Sogleich entwand Berhailk seinem Meister den Drachenknochen und löste den Bannkreis um Enval.

„Er kommt wieder zu sich!“, rief dieser aus. „Schnell, Berhailk, so einer wie der braucht sicher keinen Knochen für die Magie!“

Das wusste Berhailk, denn er hatte schon gesehen, wie Kaniark einfach mit einem Finger ein Feuer entzündet hatte. Also zauberte er einen Schlafspruch auf den Hexer, doch dieser war schon wieder bei Kräften und schmetterte ihn einfach ab, als sei er ein Schneeball.

„Verfluchter alter Hundedung!“, fauchte Berhailk. „Mal sehen, wie dir das hier schmeckt!“, Und er schleuderte einen Zauber auf ihn, den er sich in diesem Moment ausgedacht hatte, und Kaniark war davon völlig überrumpelt, da er ihn Berhailk nicht beigebracht hatte; und so schauten Enval und Berhailk zu, wie Kaniark aufschrie, als plötzlich sein Körper zerfiel, als würde er im Grabe verwesen, nur geschah das ganz schnell. Und am Ende blieb nichts von ihm als seine Gebeine und viel Unrat auf dem Boden, vor dem Berhailk rasch ins Freie flüchtete.


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